Frank Teichmann - Die Sphinx
Die Sphinx Ein Bild des wahren Menschen Seit 4500 Jahren liegt eine der bekanntesten, größten und zugleich geheimnisvollsten Gestalten Ägyptens vor den Pyramiden - die Sphinx. Ein Wesen, dessen königliches Haupt sich aus einem riesigen, ruhenden Löwenleib erhebt. Den Blick in die Weite gerichtet, hoch über unserer alltäglichen Welt, sieht es nicht die zufälligen, verstreuten Dinge des irdischen Bereichs, sondern schaut hin zur Unendlichkeit des Horizonts, hin zu der Stelle im Osten, wo sich Sonne und Erde verbinden, wo das Tor zur himmlischen und unterirdischen Welt zu denken ist. Diesem Blick muss nachgehen, wer etwas vom Geheimnis des Wesens der Sphinx aufdecken möchte. Aber nicht nur in Ägypten ist die Sphinx anzutreffen. Im ganzen alten Orient, in Mesopotamien, Vorderasien, in Syrien und in Persien, überall findet sich ihr Bild. Auch in jüngeren Zeiten, in Kreta, Griechenland und Rom, tritt sie als Wesen auf. Hier aber nicht nur als Bild, sondern als handelndes Wesen, zu dem ein Mythos gehört. Durch die Ausbreitung des Christentums verschwindet sie für einige Jahrhunderte – und kommt dann aber wieder, manche romanische Kirche und manche fromme Handschrift schmückend. Immer wieder an Kirchen, vor Schlössern, in Parkanlagen, sogar an Möbeln, auf Gemälden und in Dichtungen wird ihr Bild beschworen. Aber wer ist sie, was bedeutet ihre Erscheinung? Diese Fragen wären gar nicht zu lösen, wenn die Sphinx nur als Einzelwesen und nur in einer Kultur betrachtet würde. Denn die Kulturen waren fast nie voneinander isoliert, sondern standen in regem Austausch, übernahmen Gedanken und Bilder, schieden aus, was sie nicht verstanden, wandelten um, was sie neu sahen usw. So ist es zu begrüßen, wenn Heinz Demisch in einem Buch die Sphinx darstellt „von den Anfängen bis zur Gegenwart“. In über 600 Bildern wird vorgeführt, wie die Sphinxen aussahen, welche Elemente aus dem Zusammenhang der betreffenden Kulturen zu verstehen sind und welche geistesgeschichtlichen Quellen damit in Verbindung stehen. Diese immense Arbeit gibt uns wirklich eine "Geschichte ihrer Darstellung«. Wer sich also mit der Sphinx beschäftigen will, braucht dieses Buch. Dabei hält sich der Autor mit eigenen Deutungen äußerst streng zurück und versucht nur sauber darzustellen, was man heute über diese Bilder wissen kann. Diese Zurückhaltung scheint ihren Grund darin zu haben, dass dem Autor wohl öfters allzu sorglose Deutungen der Sphinx begegneten. Wer sich jedoch die Mühe macht, das ganze Material durchzuarbeiten, der wird durch manchen versteckten Hinweis im Text und in den Anmerkungen auf eine Spur geführt, die im Zusammenhang mit anderen Textstellen zu sprechen anfängt. Die ausführlichen Anmerkungen, die Register und das Abbildungsverzeichnis machen das Buch vielseitig benutzbar und erschließen den Inhalt nach den verschiedensten Fragerichtungen. Das Folgende mag als ein Versuch angesehen werden, in der gegebenen Kürze aus dem Umgang mit dem Bild der Sphinx eine mögliche Deutung ihres Wesens und ihrer Erscheinung zu geben. |